Interview mit Annette Miller – Professorin ABWL mit Schwerpunkt KI und neue Geschäftsmodelle, AKAD University

Interview mit Annette Miller – Professorin ABWL mit Schwerpunkt KI und neue Geschäftsmodelle, AKAD University

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Interview mit Annette Miller – Professorin ABWL mit Schwerpunkt KI und neue Geschäftsmodelle, AKAD University

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Sehr geehrte Frau Miller,

Als Expertin für KI in der Betriebswirtschaft erleben Sie die Entwicklung hautnah mit. Welche positiven Veränderungen konnten Sie in den letzten Jahren in Unternehmen aber auch in Ihren Hörsälen beobachten?

Ich beobachte ein zunehmend großes und grundsätzlich positives Interesse an den technologischen Möglichkeiten. Besonders erfreulich finde ich, dass viele Menschen heute nicht nur wissen wollen, was KI kann, sondern auch wie sie funktioniert, welche Potenziale sie bietet und welche Risiken damit verbunden sind. Dieses wachsende Interesse geht mit einer neuen Ernsthaftigkeit im Umgang mit dem Thema einher. Ich hoffe sehr, dass sich diese Entwicklung fortsetzt, denn sie ist die Grundlage dafür, unsere Zukunft aktiv zu gestalten.

Natürlich gibt es weiterhin kritische Stimmen, und einige Menschen lehnen KI grundsätzlich ab, übrigens nicht nur in älteren oder technikfernen Gruppen. Wir sollten diese Sorgen ernst nehmen und den Dialog suchen. Denn die Bedenken im Hinblick auf Diskriminierung, negative ökologische Auswirkungen oder die steigende Machtkonzentration großer Tech-Konzerne sind sehr berechtigt.

Dennoch: Die Entwicklung wird auch ohne unser Zutun weitergehen. Populistische Aussagen und Angst sind da keine guten Ratgeber. Vielmehr ist es entscheidend, dass wir KI aktiv mitgestalten – technisch wie gesellschaftlich. Hier erhoffe ich mir zukünftig noch viel mehr konstruktives Engagement und Dialogbereitschaft von allen Seiten.

Viele Menschen befürchten, dass KI Arbeitsplätze gefährdet. Wie sehen Sie diese Entwicklung aus wissenschaftlicher Perspektive, und welche neuen Jobmöglichkeiten entstehen durch KI?

Die Sorge, dass Künstliche Intelligenz Arbeitsplätze ersetzt, ist durchaus berechtigt. Laut der Studie „A New Future of Work“ des McKinsey Global Institute aus dem Jahr 2024 könnten bis zum Jahr 2030 rund 30 Prozent der derzeit geleisteten Arbeitsstunden automatisiert werden. Allein in Deutschland würden damit bis zu drei Millionen Berufswechsel einher gehen.

Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn KI verändert nicht nur wie viele Jobs es gibt – sondern vor allem wie wir arbeiten. Und betroffen sind nicht nur einfache, repetitive Tätigkeiten, wie man lange dachte. Im Gegenteil: Es trifft auch viele sogenannte Wissensberufe – also genau jene Bereiche, die bislang als sicher galten. Darauf müssen wir uns nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich vorbereiten.

Neben dieser gesamtgesellschaftlichen Dimension hat das Thema auch eine persönliche Ebene. Jede und jeder Einzelne ist gefragt, sich auf die Veränderungen einzustellen. Denn es gilt der oft zitierte Satz: „AI won’t replace humans – but humans using AI will replace those who don’t.” Der souveräne und reflektierte Umgang mit KI wird zu einer zentralen Schlüsselkompetenz in fast allen Berufsfeldern.

Gleichzeitig sollten wir nicht vergessen, worin unsere besondere Stärke als Menschen liegt: in Empathie, Kreativität und sozialem Gespür – Fähigkeiten, die Maschinen nicht ersetzen können. Deshalb geht es nicht nur darum, technologische Kompetenzen breit in der Gesellschaft zu verankern. Es geht ebenso darum, soziale und emotionale Fähigkeiten gezielt zu fördern und anzuerkennen.

Welche ethischen Richtlinien und Governance-Strukturen empfehlen Sie Unternehmen bei der Implementierung von KI-Systemen?

Eine pauschale Antwort darauf ist schwierig, denn die passenden Richtlinien und Strukturen hängen stark von den konkreten KI-Anwendungen und -Tools ab, die ein Unternehmen einsetzt. Außerdem befinden wir uns in einem dynamischen regulatorischen Umfeld: Mit dem AI Act auf EU-Ebene zeichnen sich bereits wichtige Rahmenbedingungen ab, die in den kommenden Jahren weiter konkretisiert und ergänzt werden.

Dennoch können und sollten Unternehmen bereits jetzt Schritte unternehmen, um den ethischen und regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Ein erster Schritt ist die vollständige Erfassung aller im Unternehmen eingesetzten KI-Anwendungen. Dazu zählen nicht nur selbst entwickelte Systeme, sondern auch Drittanwendungen oder KI-Funktionen, die in bestehende Software eingebettet sind. Ebenso wichtig ist es, potenzielle „Schatten-KI“ zu identifizieren – also Tools, die von Mitarbeitenden eigeninitiativ und außerhalb offizieller IT-Strukturen genutzt werden.

Basierend auf dieser Bestandsaufnahme sollten Unternehmen prüfen, ob einzelne Anwendungen unter die besonders regulierten Risikokategorien des AI Acts fallen. Doch auch unabhängig davon – also auch bei nicht als Hochrisiko eingestuften Anwendungen – müssen Transparenzpflichten, Datenschutzanforderungen sowie die Pflicht zur fairen und nachvollziehbaren Nutzung von KI eingehalten werden.

Aufbauend auf der Bestandsaufnahme sollten Unternehmen verbindliche Richtlinien formulieren, die festlegen, welche Tools für welche Zwecke eingesetzt werden dürfen und ob zentral Zugänge bzw. Lizenzen dafür zur Verfügung gestellt werden. Ebenso essenziell ist die Schulung der Mitarbeitenden im verantwortungsvollen Umgang mit KI-Systemen. Ziel ist dabei nicht, umfangreiche Regelwerke zu schaffen, sondern klare, praxisnahe Leitlinien zu etablieren, die im Arbeitsalltag Orientierung bieten. Jeder Mitarbeitende sollte wissen, was erlaubt ist – und was nicht.

Wie können kleine und mittlere Unternehmen von KI profitieren, ohne große Investitionen tätigen zu müssen?

Auch wenn ich selbst oft von der KI spreche: Eigentlich sollten wir das nicht – denn wir werfen dabei sehr unterschiedliche Technologien und Anwendungsformen in einen Topf. Um das zu verdeutlichen: Zwischen dem Einsatz von Microsoft Copilot zur Erstellung einer Präsentation für die Geschäftsleitung und einer eigens entwickelten KI-Lösung, die ein ganzes Geschäftsmodell transformiert, liegen Welten. Im Hinblick auf den möglichen Nutzen oder die organisatorische Veränderung, aber natürlich auch die zu tätigenden Investitionen.

Deshalb sollte eher die Frage gestellt werden: In welchen konkreten Use Cases kann ein Unternehmen von KI profitieren? Welche organisatorischen Veränderungen und Ressourcen sind erforderlich? Auf Basis dieser Analyse lässt sich dann fundiert entscheiden, ob sich Investitionen in Beschaffung, Einführung und Betrieb lohnen – und ob eine Eigenentwicklung erforderlich ist, etwa weil die Anforderungen sehr spezifisch sind oder technologische Unabhängigkeit besonders wichtig ist. In vielen Fällen kann aber auch der Einsatz KI-gestützter Standardsoftware sinnvoll sein, die weniger Investitionen notwendig macht.

Was entgegnen Sie Kritikern, die behaupten, KI-Systeme würden bestehende gesellschaftliche Vorurteile verstärken?

Dass KI bestehende gesellschaftliche Vorurteile verstärken kann – da haben die Kritiker völlig recht. Genau deshalb ist es so wichtig, das Problem offen zu benennen und das Bewusstsein dafür zu schärfen. Nur wenn wir anerkennen, dass es Verzerrungen gibt, können wir gezielt vorbeugen und gegensteuern.

Ein zentraler Hebel dabei ist Aufklärung: Nutzerinnen und Nutzer müssen sensibilisiert werden, um Diskriminierung und Stereotype in KI-Ergebnissen überhaupt zu erkennen. Interessanterweise kann man dafür auch KI selbst nutzen – etwa, indem generative Systeme gezielt verschiedene Perspektiven auf ein Thema liefern oder typische Rollenklischees sichtbar machen.

Klar ist aber auch: Wir werden nicht alle Probleme technologisch lösen können. Denn viele Fragen rund um Fairness und Repräsentation sind im Kern ethische und gesellschaftspolitische Fragen – auf die es bislang keine allgemein akzeptierten Antworten gibt. Ein Beispiel: Wenn wir vermeiden wollen, dass bei der Bildgenerierung für einen CEO immer ein weißer Mann erscheint – was genau soll stattdessen gezeigt werden? Wie hoch soll der Anteil an Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, People of Color oder Personen mit sichtbaren Behinderungen sein? Wenn wir die Realität nicht einfach reproduzieren wollen, brauchen wir als Gesellschaft eine klare Vorstellung davon, welche Bilder wir als wünschenswert erachten. Das ist eine wichtige Debatte, der wir uns stellen müssen.

Welche Rolle spielt menschliche Kreativität und Intuition in einer Zeit, in der KI immer mehr Aufgaben übernimmt?

Eine große Rolle. Denn so beeindruckend und zum Teil überraschend die KI-generierten Ergebnisse auch sein mögen – wir dürfen nicht vergessen: Es handelt sich letztlich um statistische Modelle, die auf bestehenden Daten basieren und vor allem bereits Vorhandenes reproduzieren. Dabei können durchaus spannende Resultate entstehen. Aber wenn KI-generierte Inhalte – ob Texte oder Bilder – wiederum als Trainingsdaten in neue Modelle einfließen, entsteht mit der Zeit ein Kreislauf, der immer mehr in Richtung Einheitsbrei führt.

Ich finde, dass man diese Tendenz heute schon beobachten kann: Wer zu einem Thema recherchiert, hat oft das Gefühl, überall das Gleiche zu lesen und zu sehen. Wichtig sind daher wirklich neue, originelle Ideen, die durch menschliche Kreativität, durch Intuition, Kontextverständnis und Perspektivwechsel entstehen. Genau das macht den Unterschied – und wird nach meiner persönliche Einschätzung auch künftig unverzichtbar bleiben.

Als Professorin bilden Sie die nächste Generation von Führungskräften aus. Welche Kompetenzen im Umgang mit KI sind heute unverzichtbar?

Eine umfassende KI-Kompetenz ist heute für alle unverzichtbar – ganz unabhängig von Branche oder Position. Darunter verstehe ich ein grundlegendes Verständnis dafür, was KI ist, wie sie funktioniert und was sie kann, wo ihre Grenzen liegen und welche grundlegenden ethischen Fragen damit verbunden sind. Hinzu kommen grundlegende Anwenderkenntnisse im Umgang mit Tools. Dies alles ist die Voraussetzung dafür, dass KI produktiv und verantwortungsvoll eingesetzt werden kann und jeder am gesellschaftlichen Dialog teilnehmen kann.

Darüber hinaus braucht es aber auch berufs- und fachspezifische Kompetenzen, die sich je nach Disziplin und Tätigkeitsfeld stark unterscheiden. Eine Ärztin oder ein Pflegefachmann benötigt andere KI-Fähigkeiten als jemand in der Verwaltung oder im Controlling – und wiederum andere als eine Führungskraft.

Gerade im Management wächst der Bedarf an KI-Kompetenz rasant: Führungskräfte müssen in der Lage sein, Potenziale zu erkennen, Einsatzfelder zu bewerten und Teams durch digitale Transformationsprozesse zu führen. Deshalb bieten wir an der AKAD University ab Sommer den neuen Studiengang KI im Management an – ein Bachelorstudium, der genau diese Fähigkeiten vermittelt. Infos zum Studiengang findet man übrigens auf der Website: https://www.akad.de/abschluss/bachelor/ki-im-management-ba/

Wenn auch Sie in Ihrem Unternehmen KI sinnvoll einsetzen möchten, um Prozesse zu automatisieren und effizienter zu gestalten, sind wir von ai Pro Solution der ideale Partner für Sie. Wir beraten Sie umfassend und praxisnah zu den besten KI-Lösungen für Ihr Unternehmen. Kontaktieren Sie uns gerne!